Das BIKE Festival Willingen ist jetzt zwar schon eineinhalb Monate her, aber ich wollte unbedingt noch darüber berichten. Die drei Tage waren so toll für mich – in erster Linie, weil ich mich mit dem Rocky Mountain BIKE Marathon an etwas Neues herangetraut habe, was mich schon länger gereizt hatte, für mich aber auch mit einigen Sorgen verbunden war, weil ich nicht genau wusste, was mich erwartete.
Im Winter und Frühjahr war ich viel mehr offroad unterwegs als auf der Straße, und irgendwann hatte ich richtig Lust auf einen MTB-Marathon und dachte mir, wenn ich jetzt nicht bald an einem teilnehme, mache ich es vielleicht nie. Ich neige sehr stark dazu, vor allem an meiner Fahrtechnik zu zweifeln, und ich kann auch wirklich nicht behaupten, sie sei sonderlich ausgereift. Trotzdem mache ich ständig Fortschritte und fühle mich auch immer sicherer. Und an einem Tag, an dem ich das Gefühl hatte, kein hoffnungsloser Fall zu sein, was das Mountainbiken angeht, habe ich mich für den Rocky Mountain BIKE Marathon in Willingen angemeldet. Auch wenn man sich unterwegs entscheiden kann, welche Strecke man fährt (53 km, 88 km oder 116 km), stand für mich von vornherein fest, dass ich nur die kurze Strecke fahren wollte. Beim ersten Mal muss man es ja nicht übertreiben.
Bis zum Tag vor dem Rennen habe ich mich richtig auf den MTB-Marathon gefreut und ihn als eine Art lange Tour mit vielen anderen Menschen betrachtet. Von Nervosität noch keine Spur. Als ich am 19. Mai um 7:30 im Startblock B stand, fühlte ich mich allerdings einfach nur noch fehl am Platz. Ich fand, die anderen sahen alle so fit aus, und ich wollte mich nicht zum Affen machen. Auf den ersten Kilometern war ich immer noch supernervös. Es ging auch nicht ganz rund los, weil mich am ersten langen Anstieg zum Hohen Eimberg jemand überholte, um dann direkt vor mir stehen zu bleiben. Da sich das Feld an dem Anstieg knubbelte und es sowieso nur im Schneckentempo voranging, musste ich auch anhalten und brauchte dann vor lauter Nervosität drei Anläufe, um wieder loszufahren, obwohl das Anfahren in Anstiegen eine Sache ist, von der ich ausnahmsweise mal sagen würde, ich beherrsche sie gut.
In der ersten Abfahrt zog sich das Feld dann schnell auseinander. Leider stieg vor mir jemand ab und schob. Schieben finde ich vollkommen okay – jeder soll so fahren, dass er sich wohlfühlt –, und er hat mich auch überhaupt nicht behindert, aber es tat meinem Selbstvertrauen nicht gerade gut. Ich dachte natürlich sofort: „Wenn er sich die Abfahrt nicht zutraut, ist sie für mich auf jeden Fall zu schwer.“ Deshalb schob ich dann auch, obwohl ich eigentlich sehen konnte, dass ich sie hätte fahren können. Der einzige Trost: Mindestens die Hälfte der Leute um mich herum sind auch abgestiegen.
Nach den ersten gut zehn Kilometern kehrte zum Glück mein Selbstvertrauen zurück. Bergab war ich zwar vergleichsweise langsam, aber ich bin überall gefahren und es gab auch keine brenzligen Situationen oder gar Stürze. Der Start in Willingen hat sich allein schon dafür gelohnt, dass die Wettkampfsituation mich dazu gebracht hat, Stellen zu fahren, die ich im Training vermutlich nicht gefahren wäre. Was den technischen Anspruch angeht, würde ich die Strecke als einsteigerfreundlich und trotzdem nicht langweilig einstufen. Ich kann den Marathon in Willingen definitiv jedem als erstes Rennen empfehlen! In Willingen habe ich festgestellt, dass es auch bei einem MTB-Rennen mit so vielen Teilnehmern deutlich entspannter zugeht als auf der Straße, und weil man nicht einfach im Windschatten mitrollen kann, wie es auf der Straße der Fall ist, zieht sich alles viel mehr auseinander und man kann sich viel besser auf sich selbst konzentrieren und muss nicht ständig auf Leute achten, die vor, neben oder hinter einem fahren.
Neben den anfänglichen Selbstzweifeln war mein Rücken das Einzige, was mir Probleme bereitete. In den Wochen vor dem Rennen hatte ich beim Mountainbiken auf einmal relativ häufig Rückenschmerzen, obwohl ich nichts verändert hatte, und die kamen leider auch in Willingen schon ziemlich früh wieder. Ich musste deshalb bergauf in kleineren Gängen und mit einer viel höheren Trittfrequenz fahren, als ich es gewohnt bin, um die Schmerzen ertragen zu können. Trotzdem konnte ich bergauf immer noch ganz gut überholen und kam zum Ende hin immer besser in Schwung.
Das Ziel hätte dennoch nicht viel später kommen dürfen. Irgendwann war ich nervlich ziemlich am Ende, weil ich mich beim Radfahren immer sehr stark konzentrieren muss, um nichts Dummes zu machen. Hinter der Ziellinie habe ich erst mal geheult – eine Mischung aus Erleichterung und Stolz, weil ich es geschafft hatte, und auch aus Dankbarkeit gegenüber meinem Freund Niels, der sich einmal mehr zurückgehalten hatte, damit wir zusammen die Ziellinie überqueren konnten.
Zusammengefasst: 53 km, ca. 1500 HM, tolle Strecke, tolles Wetter, perfekte Beschilderung, nette Helfer und Teilnehmer; ich nach 3 Stunden und 33 Minuten fertig, aber glücklich. Und wie ich hinterher auf der Ergebnisliste sehen konnte, habe ich mich im Laufe des Rennens tatsächlich vorgearbeitet, von Platz 37 bei der ersten Zwischenzeit auf Platz 25 von 66 Frauen im Ziel. Das macht Mut 🙂
Da ich ja nun schon einmal im Sauerland war, habe ich direkt am nächsten Tag auch am Straßenrennen, dem Warsteiner Sauerland-Giro, teilgenommen. Der Körper war natürlich alles andere als frisch, aber die Strecke war wunderschön und abwechslungsreich und hat die Schmerzen zumindest teilweise vergessen lassen. Auch wenn sie nicht abgesperrt war, hat man unterwegs kaum Autos gesehen. Für mich ging es über zwei Runden, insgesamt 62 km mit knapp 1000 HM. Die haben an dem Tag auf jeden Fall gereicht, und der erste Gang kam so viel zum Einsatz wie noch nie! Da das Teilnehmerfeld überschaubar war (nur 5 Frauen über die 62 km), bin ich überraschend hinter meiner Schwester auf dem 2. Platz gelandet. Auch wenn ich mich natürlich gefreut habe, auf dem Podium stehen zu können, hätte das Rennen auf jeden Fall mehr Teilnehmer verdient.
Als Sahnehäubchen bekam ich im Anschluss an die Siegerehrung auch noch für ein Bild, das ich am Vortag bei Instagram gepostet hatte, den Preis als „Fan of the Day“. Noch einmal danke dafür an die Organisatoren. Das Wochenende hätte wirklich nicht besser laufen können!
Sechs Wochen später bin ich immer noch so froh, dass ich den MTB-Marathon mitgemacht habe. Ich hätte auch noch zehn Jahre trainieren können, bevor ich mich zum ersten MTB-Marathon anmelde, aber auch dann hätte ich mir nicht sicher sein können, dass ich so ein Rennen wirklich schaffe. Und ich weiß, ich wäre vermutlich zum BIKE Festival gefahren, hätte mir die Rennen angesehen und es bereut, mich nicht angemeldet zu haben. Wenn man etwas wirklich will und es nichts vollkommen Unrealistisches ist, ist das Beste, es einfach auszuprobieren 🙂
Bilder 1, 2, 3, 4, 5: © Marathon-Photos
Bilder 7 und 8: © Niels Flemm