Da ich momentan so fit bin und so viel Lust auf Radfahren habe wie noch nie, wollte ich unbedingt noch an einem Radrennen teilnehmen, bevor die klassische Saison zu Ende geht. Was bot sich da mehr an als der Münsterland Giro, das drittgrößte Radrennen Deutschlands? Das Münsterland ist bekanntlich sehr flach und die Rennen damit schneller als die, an denen ich bis dato teilgenommen hatte. Damit sich die Anfahrt auch richtig lohnen würde, habe ich mich daher für die 95 km entschieden.
Im Gegensatz zu sonst war ich vor dem Start ziemlich entspannt. Was sollte auf einer flachen Strecke mit vergleichsweise wenigen Kurven schon großartig passieren? Kurz nach dem Start um 8:50 wurde ich aber direkt eines Besseren belehrt: Auf der linken Fahrbahn stand der erste Krankenwagen, und die Sanitäter kümmerten sich um einen offenbar gestürzten Radfahrer. Es dauerte auch nicht lange, bis ich die nächsten Stürze zu Gesicht bekam.
Auf den ersten 20-30 Kilometern fuhren viele schon so aggressiv und hektisch, als würden sie gleich um den Weltmeistertitel sprinten. Meine Devise lautete daher: „Hauptsache, heil ins Ziel kommen, egal in welcher Zeit.“ Niels und ich haben uns schnell ganz hinten in einer größeren Gruppe eingereiht und sind einfach mitgerollt. Einmal sind wir beide an die davor fahrende Gruppe herangefahren, aber unsere ehemalige Gruppe hat nach ein paar Minuten auch aufgeschlossen, sodass sich die Anstrengung nicht wirklich gelohnt hat. Das kann man ja aber vorher nie wissen 😉
Nachdem die erste Rennhälfte, was das Tempo betrifft, recht locker war, wurde die zweite Rennhälfte deutlich anstrengender. Immer mehr Leute mussten abreißen lassen, und ich war sehr stolz auf mich, weil ich es trotz mangelnder Sprintfähigkeiten immer wieder geschafft habe, zu der großen Gruppe aufzuschließen.
Etwa 10 Kilometer vor dem Ziel zerfiel unsere Gruppe dann endgültig. Auf dem letzten Stück haben Niels und ich noch so einige Fahrer eingesammelt. Ein paar sind kurz in unserem Windschatten geblieben – bis auf eine sehr stark fahrende Frau ist aber niemand auf die Idee gekommen, auch mal die Führungsarbeit zu übernehmen. Die letzten Kilometer haben mir am meisten Spaß gemacht, vor allem weil wir alle Männer, die sich zwischendurch hinter uns ausgeruht haben, vor dem Ziel abschütteln konnten. So ist trotz meiner entspannten Herangehensweise sogar ein Schnitt von 36,85 km/h und der 22. Platz von 109 Frauen herausgesprungen, womit ich superzufrieden bin. Für schnelle, flache Rennen ist weder mein Körper noch mein Kopf gemacht, und ich habe mich positiv überrascht 🙂
Obwohl ich mit meiner Leistung so zufrieden war, muss ich zugeben, dass ich nach dem Rennen gemischte Gefühle hatte. Der Münsterland Giro ist zwar top organisiert (von der Startnummernausgabe bis zur Zielverpflegung), die Straßen waren großartig und auch das Wetter hat mitgespielt – die vielen Stürze (35 Fahrer sind sogar im Krankenhaus gelandet) und die unnötig risikoreiche Fahrweise zu vieler Teilnehmer haben den Spaß jedoch leider deutlich gemindert.
Fotos: © Sportograf