Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass ich mich für mein erstes Jedermann-Radrennen angemeldet habe: Rund um Köln 2016, genauer das ŠKODA VELODOM 60. Die gut 68 km lange Strecke führte von Köln aus durch das Bergische Land und wieder zurück nach Köln.
Da ich jahrelang Mitglied im Leichtathletikverein war, bin ich es gewohnt, regelmäßig an Wettkämpfen teilzunehmen, um meine Grenzen auszutesten. Bei Laufveranstaltungen habe ich so gut wie immer Zeiten im Kopf, die ich erreichen möchte. Bei Rund um Köln ging es mir einfach darum, dabei zu sein, zu erleben, wie ein Radrennen abläuft, und mich noch einmal richtig zu verausgaben.
In den Wochen vor dem Rennen, das am 12. Juni stattfand, war die Vorfreude groß. Gleichzeitig beschlichen mich aber immer wieder Zweifel, ob es klug war, mich gleich für ein Rennen mit so vielen Teilnehmern anzumelden (laut Ergebnisliste kamen 264 Frauen und 2.145 Männer ins Ziel). Mehr Fahrer = mehr Sturzpotenzial, so dachte ich. Hätte ich besser erst einmal ein kleineres Rennen in Angriff nehmen sollen?
Meine zweite große Sorge war, dass ich das Mindesttempo von 25 km/h nicht würde einhalten können. Bei Trainingsfahrten im Bergischen und Oberbergischen waren wir nie schneller als 22-23 km/h unterwegs. Mit diesem Mindesttempo habe ich mich so verrückt gemacht, dass der Besenwagen nachts schon in meinen Träumen erschien. An manchen Tagen war ich vollkommen überzeugt davon, dass ich das Ziel nicht erreichen würde, obwohl ich mir sicher war, dass ich die Strecke bewältigen konnte (so unglaublich lang oder anspruchsvoll war sie schließlich nicht). Ich glaubte aber, mir würde die Zeitbegrenzung im Weg stehen.
Und dann gab es noch die vielen kleinen Dinge, über die ich mir Gedanken gemacht habe, darunter das Trinken bei für meine Verhältnisse hoher Geschwindigkeit, noch schlimmer: das Essen und zu guter Letzt der Kopfsteinpflasteranstieg zum Schloss Bensberg. Das alles kann man jedoch gut trainieren, was ich auch getan habe. Bei Trainingsfahrten habe ich mir selbst auferlegt, nur beim Fahren zu trinken und zu essen. Ein guter Trick, denn wenn man zum Beispiel eine 100 km lange Tour von Köln aus über Bonn und Königswinter ins Siebengebirge und wieder zurück unternimmt, kann man weder aufs Trinken noch aufs Essen verzichten (mit Essen meine ich Energiegels, Müsliriegel o. Ä., was man wirklich gut beim Fahren zu sich nehmen kann). Da der Anstieg in Bensberg für eine (damals noch) Kölnerin quasi vor der Haustür lag, bin ich ihn einige Wochen vor dem Rennen ein paar Mal hochgefahren. Auch kein Problem. Die beiden größten Sorgen, zu stürzen und/oder aus dem Rennen genommen zu werden, waren allerdings auch direkt vor dem Start noch vorhanden.
Lange Rede, kurzer Sinn: Nach 68,5 km bin ich heil ins Ziel gekommen, und das mit einem Schnitt von etwa 33 km/h. Es hätte auch noch ein bisschen schneller werden können, wäre ich aus Unerfahrenheit nicht so defensiv angegangen. Aber es ist auf jeden Fall besser, am Ende noch mal Gas zu geben, als es am Anfang zu übertreiben und dann einzubrechen. Über die gefürchteten 25 km/h konnte ich im Nachhinein also lachen. Es macht einen wahnsinnigen Unterschied, ob man im Training fährt, wo man an jeder Ampel und jedem Stoppschild anhalten und wieder Tempo aufnehmen muss, oder im Rennen, wo die Strecke abgesperrt ist. Außerdem fährt man beim Rennen die meiste Zeit im Pulk und damit im Windschatten. Falls ihr auch bald zum ersten Mal bei einem Radrennen wie Rund um Köln an den Start geht und ein Mindesttempo vorgegeben ist, das ihr im Training nicht erreicht: Macht euch keinen Stress! 😉
Die große Teilnehmerzahl war ebenfalls gar kein Problem. Die absolute Mehrheit der Fahrer war sehr vernünftig und rücksichtsvoll, und es gab keine wirklich brenzligen Situationen. In der Spitzengruppe mag das etwas anders aussehen, aber da werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr landen. Den Anstieg hoch zum Schloss Bensberg habe ich übrigens auch fahrend bezwungen, obwohl viele um mich herum geschoben haben. Sicherer wäre es vielleicht gewesen, auch abzusteigen, aber in dem Moment war ich so im Wettkampfmodus, dass es mir gar nicht in den Sinn kam. Der Wettkampfmodus hat mir sowohl bergauf als auch bergab geholfen: Bei Rund um Köln habe ich zum ersten Mal die Marke von 60 km/h erreicht. Inklusive Fahrrad und allem Drum und Dran bringe ich weniger als 60 kg auf die Waage – auch auf abschüssigen Straßen muss ich mich also ganz schön abstrampeln, um auf Tempo zu kommen, und im Rennen habe ich mich nicht nur bergauf, sondern auch bergab richtig ins Zeug gelegt.
Dieses Jahr gehe ich wieder bei Rund um Köln an den Start – nicht zuletzt auch wegen der guten Organisation. Da ich diesmal schon weiß, was auf mich zukommt, und meine Fähigkeiten besser einschätzen kann, konnte ich diesmal bei der Anmeldung ein realistisches Durchschnittstempo angeben und muss (hoffentlich) das Rennen nicht wieder aus dem letzten Startblock aufnehmen. Das Ziel lautet natürlich, die Zeit aus dem letzten Jahr zu unterbieten!
Fotos: © Sportograf
Ich lasse mich mal überraschen wie mein erstes großes Rennen läuft. Aber meine Ängste hast du zu vielen Teilen schon beruhigen können.
Das freut mich! Wenn du das Rennen optimistisch angehst, wird es bestimmt auch gut laufen. Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen 🙂
Bin letztes Jahr auch das erste mal bei Rund um Köln an den Start gegangen. Krass wie sich der Durchschnitt dank Windschatten etc. nach oben korrigiert…Angegeben mit 25, in’s Ziel gekommen mit knapp 34 =D
Aber auch kein schlechtes Gefühl, wenn man sich selbst so positiv überraschen kann 😀
Ich kann verletzungsbedingt leider nicht bei Rund um Köln 2017 starten, war aber in den vergangenen Jahren dabei. Dieses Jahr dann eben als Zuschauer am Rand. Vielleicht erkenne ich dich ja 😀
Dann hoffe ich, die Verletzung heilt schnell und du bist 2018 wieder dabei. Gute Besserung! 🙂
Wenn du an der Strecke stehst, halte nach dem Trikot Ausschau, das ich in dem Beitrag zu Zwift trage (weiß mit blauen Ärmeln). Das ziehe ich auch bei Rund um Köln an.